Archiv der Kategorie Upcycling

Alte Spiele in neuen Gewändern

rummikub

Wenn mein Kopf zu voll ist, muss die Wohnung leerer werden – das ist eine Regel, die sich in den letzten Jahren so eingestellt hat. Wenn sich also die Gedanken drehen, wird aufgeräumt und ausgemistet.

Da passte es ganz gut, dass der Liebste von der Spielemesse mit einem beachtlichen Stapel zurück kam, der unsere ohnehin schon prallvollen Regale endgültig sprengte. Also: Platz schaffen und aussortieren, wobei man einerseits staunt, wie viel Kram man tatsächlich besitzt und nicht nutzt, andererseits aber auch das ein oder andere Schätzchen findet.

In diesem Fall kam das Rummikub aus des Liebsten Kindheit wieder zum Vorschein. Ein Spiel, nach dem ich ziemlich verrückt bin (mit legendären Schlachten gegen fremde Omas) und das ich schon zu mehreren Gelegenheiten kaufen wollte. Allerdings befand sich das Spiel ohne eine Schachtel in einem ziemlich ausgeleierten, dunkelbraunen Kunstfaser-Beutel (eben die 80er Jahre, was will man machen).

Mit dem spontan genähten Stoffbeutel aus Stoffresten für einen der vielen Hippie-Röcke, die in diesem Sommer entstanden sind, bin ich ziemlich zufrieden. (Ohnehin finde ich, dass man sich mit Dingen umgeben sollte, die man schön findet, und zwar so häufig wie möglich, bis hin zu den kleinen Dingen wie Salzstreuer und Einkaufsbeutel.)

Mal sehen, vielleicht kriegen ja demnächst das alte Monopoly und das Spiel des Lebens selbstgebaute Schachteln, dann habe ich endlich eine Gelegenheit, stabile Kartons selbst zu fertigen und gleichzeitig ein bisschen was von all dem angesammelten schönen Papier zu verbrauchen.

Mikado-Mäppchen

Gelegentlich findet man auf Flohmärkten Dinge, von denen man gleich weiß, dass sich daraus etwas tolles machen lässt, weiß aber noch nicht, was genau. So ging es mir mit den zwei Packungen Mikado, für die meine Freundin Kris ziemlich schnell eine zündende Idee hatte: Eine Sushimatte oder eine Stifterolle. Und so entstand aus einem Flohmarktfund und einer halben Staffel Medium mein neues Mäppchen.

Mikadomäppchen

Wenn ihr das nachmachen wollt, braucht ihr:
Zwei Packungen Mikado (gleiche Länge)
weißen Sticktwist (3 Stücke à ca. 2m)
schwarzes Gummiband
schwarzes Satinband
schwarzes Nähgarn und Nadel
Geduld

Beginnt damit, die Mikados nach Muster zu sortieren. Dieser Schritt ist optional, wird euren inneren Sheldon Cooper aber zutiefst befriedigen. Dann knotet ihr die drei Stücke Sticktwist mit je einem einfachen Knoten um euer erstes Mikado, legt das nächste daneben, knotet wieder. Achtet dabei immer darauf, wirklich fest zu knoten, damit die einzelnen Holzstäbchen nicht herausfallen. Alle fünf Mikados macht ihr je einen Doppelknoten. Wenn ihr Pause macht, achtet darauf, die angefangene Matte so hinzulegen, dass sich niemand draufsetzt oder sonstwie die Fäden verknotet.

Nach ungefähr drölfzehntausend Stunden (oder einigen Folgen eurer Lieblingsserie) solltet ihr eine fertige Matte haben. Dann könnt ihr euch schon einmal auf die Schulter klopfen, und dann befolgt ihr eine der vielen Anleitung für Pinselrollen aus Sushimatten, die durch das Internet geistern, beispielsweise diese hier. Wichtig ist, dass ihr euch vorher überlegt, welche Stifte oder Pinsel in eure Stifterolle sollen, und die Gummischlaufen entsprechend eng oder weit macht.

Die ursprüngliche Holzkiste für die Mikadostäbchen muss natürlich auch nicht weggeworfen werden, darin kann man wiederum andere Dinge aufbewahren.

Voll retro, Mann.

Ganz zu Anfang des Jahres hatte ich über zwei Paar Taschengriffe geschrieben, die schon ganz lange bei mir herum lagen. Da es aber keine Schnittmuster im Netz gab (oder ich zumindest keine gefunden habe), lagen sie eben rum. Ich habe einfach noch nicht viel Näherfahrung und traue mich oft nicht, einfach auszuprobieren, zumal einerseits schöner Stoff oft recht teuer ist, ich aber auch keine Lust habe, mit billigem Nesselstoff zu üben.

Jetzt habe ich mich aber doch getraut, und ich finde sie toll. Ich finde ja, sie sieht aus, als hätte ich sie aus einem Secondhandshop gekauft. Manchmal sollte man einfach drauf los nähen und auf die Möglichkeit des Scheiterns scheißen.

Den Oberstoff habe ich vor einigen Wochen auf dem Stoffmarkt gekauft, und der Futterstoff war in einem früheren Leben der Unterrock eines Rocks, von dem ich mich nicht trennen konnte. Da die Taschengriffe gebraucht auf dem Flohmarkt gekauft wurden, ist die Upcycling- und Recyclingquote für die Tasche ganz prima, finde ich.

Am meisten musste ich für diese Tasche überlegen, weil ich nicht wusste, wie man sie so näht, dass man sie trotz der steifen Griffe öffnen kann. Einfach ne Totebag nähen und dann die Griffe dran, das geht ja irgendwie nicht, also müssen irgendwo Schlitze rein. Aber wie und wo und überhaupt. Bilder hatte ich von Mona bekommen, aber kapieren musste ich’s trotzdem erstmal. Hat aber geklappt, wie man sieht:

Achso, falls ihr Interesse an nem Tutorial für die Tasche habt, gebt Bescheid, dann kann ich das nochmal nachvollziehen und verbloggen.

Wirkcamp Tübingen

Whoa – das war ein Wochenende. Von Donnerstag bis Sonntag war ich in Tübingen auf dem Wirkcamp. In so einem Camp nimmt man an einem Workshop teil, der in irgendeiner Form etwas mit Nachhaltigkeit zu tun hat oder auch damit, einen kleinen Beitrag zu leisten zu einer schöneren Welt. So gab es bei uns einen Workshop, bei dem ein paar Leute alte Volkslieder eingeübt haben und dann in einem Altersheim mit den Leuten musiziert haben. Andere haben aus Fehlkopien Blöcke gebunden, denn die Rückseite kann man ja noch prima verwenden (das Projekt nennt sich Papierpilz und lädt auch ganz offen zum Nachmachen ein) oder in einem Gemeinschaftsgarten der Uni Tübingen ein Wildbienenhotel und ein Kompostklo gebaut. Und ich war in einem Workshop, in dem wir mit Upcycling rumexperimentiert haben. Darauf hatte ich ganz besonders Lust, weil ich ja ab September mit Schülern eine Upcycling-AG machen werde – und je mehr Input ich davor zu dem Thema habe, desto besser, finde ich.

Der Plan zu unserem Workshop sah folgendermaßen aus: Jeder bringt soviel (gesäuberten) Müll mit, wie er tragen kann, und dann schauen wir mal, was wir daraus machen. Das Müllbuffet sah dann so aus:

Entstanden ist dabei ganz, ganz viel – hier erstmal nur eine kleine Auswahl, denn die Fotos, die entstanden sind, sind eher mittelprächtig. Aber ich kann ja in der nächsten Zeit ganz vieles nachbauen und für meine Zwecke (oder die Zwecke der Schüler) optimieren. Einige von uns waren am Freitag noch in einem Baumarkt, um einfach mal zu fragen, was die so an Müll haben. Das zu tun lohnt sich, haben wir festgestellt – zumindest der Baumarkt, in dem wir waren, hatte eine Kiste mit derartigem Müll, da wohl öfter Schulen und Kindergärten nachfragen. Das ist dann vor allem Holz, aber wir haben auch diese Plastikbänder mitgenommen, mit denen normalerweise Ware auf Euro-Paletten fixiert wird. Daraus wurde dann eine Tasche. Der Tragegurt ist der Gürtel meines Wintermantels, eingenäht ist ein Stoffbeutel, damit kein Kleinkram herausfällt:

 

Mein liebstes Projekt schließlich war das Upcycling-Kasperletheater, das wir für den Kleinkunstabend am letzten Abend gebaut und dann abends auch bespielt haben. Das Kasperletheater selbst war denkbar einfach: Umzugskartons, einfach so gestapelt, dass die Form eine Bühne für die Puppen ergibt. Kunstvoll sieht anders aus, aber mir gefällt daran die Tatsache, dass man wirklich mit quasi keinem Aufwand etwas herstellen kann, mit dem man einen Heidenspaß hat:

Das kann man natürlich noch viel stabiler gestalten und bemalen kann man es auch – aber vom Prinzip her funktionieren auch gestapelte Kisten prima. Dazu wurden dann Puppen gebaut und eine Geschichte entworfen, die stark mit den Elementen des traditionellen Kasperletheater spielt, insbesondere auch mit dem Einbinden des Publikums. Man sagt mir übrigens nach, dass ich einen tollen Bösewicht spiele – ich war nämlich ein Roboter, der die Welt unterjochen wollte und alle – insbesondere auch das Publikum – versklaven wollte. Intrigant und böse, ein ganz großer Spaß. Und so sahen dann die Puppen aus, die ich gebaut habe:

Die Katze ist in Anlehnung an diese Anleitung aus einer alten Socke genäht und mit Stoffresten gefüllt, der Roboter besteht aus einem Rest Karton und Gaffa-Tape, seine Antennen bestehen aus verbogenen Sicherheitsnadeln. Und beide Griffe bei den Puppen sind Essstäbchen. Simpel, ne?

Aber auch außerhalb der AG war es eine ziemlich tolle Zeit. Besonders bewundert habe ich ja, wie mit einem Teilnehmerbeitrag von nur 20€ an drei Tagen für Vollverpflegung gesorgt wurde – und die Unterkunft war ganz kostenlos, weil ganz viele Studenten ihre Sofas und Gästematratzen zur Verfügung gestellt haben. Gekocht wurde während der ganzen Zeit von der AG „Volksküche“, und das immer draußen, selbst bei Regen. Dabei war das Essen immer vegan – einerseits, um für die meisten Ernährungsbedürfnisse zu catern, andererseits aber auch, weil es um Nachhaltigkeit ging und veganes Essen da schon eine ganz gute Wahl ist (auch wenn ich das im Alltag nicht hinbekäme). Und wie sie gekocht haben, darüber bin ich aus dem Staunen einfach nicht herausgekommen. Mit den einfachsten Mitteln und einem ziemlich kleinen Budget haben sie ordentlich was auf die Beine gestellt, ob nun ein Salat-und-Dipp-Buffet oder gewaltige Pötte Eintopf, und Nachtisch gab es meistens dann auch noch. Hier sieht man den Nachtisch an einem besonders tollen Abend – verschiedene Sorten Obst, Soja-Vanillepudding und Haferflocken-Crunchies, die sie vor Ort gemacht hatten.

Schließlich noch ein Erlebnis, das mich vor Ort sehr beeindruckt hat: Das Fahrradkino. Dabei geht es darum, zusammen einen Film zu gucken, allerdings werden Beamer, Boxen und Laptop mit Fahrrädern angetrieben. Damit so ein Film laufen kann, müssen sich  ständig 8 Leute abstrampeln, und zwar wirklich abstrampeln – dabei muss man in einem relativ hohen Gang ziemlich schnell treten. Wir waren 40 Leute beim Kino, und wir haben es mit Ach und Krach geschafft, einen 90-Minuten-Film zu sehen. Und mir ging die ganze Zeit nicht der Gedanke aus dem Kopf: Wenn ich für jeden Film, den ich sehen will, jede Website, die ich aufrufen will, selbst in die Pedale treten müsste – was würde ich mir noch ansehen? Ich vermute ja, mein Leben wäre ziemlich analog.

Fazit: Gerne wieder. Ich habe es unfassbar genossen, tagelang mit Upcycling zu spielen – und mir schwirrt der Kopf jetzt vor neuen Ideen. Und auch das ganze Konzept des Wirkcamps ist eine wirklich tolle Sache, mit lauter begeisterten Leuten und einer unfassbar guten Laune.

Ein Wochenende lang upcyclen

Wenn ihr das hier lest, bin ich auf dem Weg nach Tübingen, zum Wirkcamp des Netzwerks Synagieren. Dort werde ich drei Tage lang ganz viel zum Thema Upcycling lernen, und zwar sowohl praktisch als auch ein paar Hintergründe.

Ich freu mich total. In meinem riesigen Reiserucksack ist massenweise „Müll“, ich habe einige Bücher dabei und einige Projekte, die ich schon gemacht hatte. Und wenn ich zurückkomme, habe ich hoffentlich noch viel mehr Ideen – gerade auch für die kommende Upcycling-AG. (Ein absoluter Traumjob im Übrigen – ich werde euch hier bestimmt noch ganz viel vorschwärmen!)

Wenn ihr übrigens Ideen für Upcycling-Projekte habt, die sich mit sehr geringem finanziellem Aufwand (am liebsten kostenlos) und mit Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 12 verwirklichen lassen, immer her damit. Und wenn ihr selbst ein bisschen wühlen wollt, guckt doch mal auf meinem Upcycling-Board bei Pinterest, da sind schon weit über hundert Ideen gesammelt.

Ein ganzes Wochenende lang upcyclen. Hach.


RSS Feed. Dieses Blog läuft mit Wordpress und basiert auf Modern Clix, einem Theme von Rodrigo Galindez.