Whoa – das war ein Wochenende. Von Donnerstag bis Sonntag war ich in Tübingen auf dem Wirkcamp. In so einem Camp nimmt man an einem Workshop teil, der in irgendeiner Form etwas mit Nachhaltigkeit zu tun hat oder auch damit, einen kleinen Beitrag zu leisten zu einer schöneren Welt. So gab es bei uns einen Workshop, bei dem ein paar Leute alte Volkslieder eingeübt haben und dann in einem Altersheim mit den Leuten musiziert haben. Andere haben aus Fehlkopien Blöcke gebunden, denn die Rückseite kann man ja noch prima verwenden (das Projekt nennt sich Papierpilz und lädt auch ganz offen zum Nachmachen ein) oder in einem Gemeinschaftsgarten der Uni Tübingen ein Wildbienenhotel und ein Kompostklo gebaut. Und ich war in einem Workshop, in dem wir mit Upcycling rumexperimentiert haben. Darauf hatte ich ganz besonders Lust, weil ich ja ab September mit Schülern eine Upcycling-AG machen werde – und je mehr Input ich davor zu dem Thema habe, desto besser, finde ich.
Der Plan zu unserem Workshop sah folgendermaßen aus: Jeder bringt soviel (gesäuberten) Müll mit, wie er tragen kann, und dann schauen wir mal, was wir daraus machen. Das Müllbuffet sah dann so aus:
Entstanden ist dabei ganz, ganz viel – hier erstmal nur eine kleine Auswahl, denn die Fotos, die entstanden sind, sind eher mittelprächtig. Aber ich kann ja in der nächsten Zeit ganz vieles nachbauen und für meine Zwecke (oder die Zwecke der Schüler) optimieren. Einige von uns waren am Freitag noch in einem Baumarkt, um einfach mal zu fragen, was die so an Müll haben. Das zu tun lohnt sich, haben wir festgestellt – zumindest der Baumarkt, in dem wir waren, hatte eine Kiste mit derartigem Müll, da wohl öfter Schulen und Kindergärten nachfragen. Das ist dann vor allem Holz, aber wir haben auch diese Plastikbänder mitgenommen, mit denen normalerweise Ware auf Euro-Paletten fixiert wird. Daraus wurde dann eine Tasche. Der Tragegurt ist der Gürtel meines Wintermantels, eingenäht ist ein Stoffbeutel, damit kein Kleinkram herausfällt:
Mein liebstes Projekt schließlich war das Upcycling-Kasperletheater, das wir für den Kleinkunstabend am letzten Abend gebaut und dann abends auch bespielt haben. Das Kasperletheater selbst war denkbar einfach: Umzugskartons, einfach so gestapelt, dass die Form eine Bühne für die Puppen ergibt. Kunstvoll sieht anders aus, aber mir gefällt daran die Tatsache, dass man wirklich mit quasi keinem Aufwand etwas herstellen kann, mit dem man einen Heidenspaß hat:
Das kann man natürlich noch viel stabiler gestalten und bemalen kann man es auch – aber vom Prinzip her funktionieren auch gestapelte Kisten prima. Dazu wurden dann Puppen gebaut und eine Geschichte entworfen, die stark mit den Elementen des traditionellen Kasperletheater spielt, insbesondere auch mit dem Einbinden des Publikums. Man sagt mir übrigens nach, dass ich einen tollen Bösewicht spiele – ich war nämlich ein Roboter, der die Welt unterjochen wollte und alle – insbesondere auch das Publikum – versklaven wollte. Intrigant und böse, ein ganz großer Spaß. Und so sahen dann die Puppen aus, die ich gebaut habe:
Die Katze ist in Anlehnung an diese Anleitung aus einer alten Socke genäht und mit Stoffresten gefüllt, der Roboter besteht aus einem Rest Karton und Gaffa-Tape, seine Antennen bestehen aus verbogenen Sicherheitsnadeln. Und beide Griffe bei den Puppen sind Essstäbchen. Simpel, ne?
Aber auch außerhalb der AG war es eine ziemlich tolle Zeit. Besonders bewundert habe ich ja, wie mit einem Teilnehmerbeitrag von nur 20€ an drei Tagen für Vollverpflegung gesorgt wurde – und die Unterkunft war ganz kostenlos, weil ganz viele Studenten ihre Sofas und Gästematratzen zur Verfügung gestellt haben. Gekocht wurde während der ganzen Zeit von der AG „Volksküche“, und das immer draußen, selbst bei Regen. Dabei war das Essen immer vegan – einerseits, um für die meisten Ernährungsbedürfnisse zu catern, andererseits aber auch, weil es um Nachhaltigkeit ging und veganes Essen da schon eine ganz gute Wahl ist (auch wenn ich das im Alltag nicht hinbekäme). Und wie sie gekocht haben, darüber bin ich aus dem Staunen einfach nicht herausgekommen. Mit den einfachsten Mitteln und einem ziemlich kleinen Budget haben sie ordentlich was auf die Beine gestellt, ob nun ein Salat-und-Dipp-Buffet oder gewaltige Pötte Eintopf, und Nachtisch gab es meistens dann auch noch. Hier sieht man den Nachtisch an einem besonders tollen Abend – verschiedene Sorten Obst, Soja-Vanillepudding und Haferflocken-Crunchies, die sie vor Ort gemacht hatten.
Schließlich noch ein Erlebnis, das mich vor Ort sehr beeindruckt hat: Das Fahrradkino. Dabei geht es darum, zusammen einen Film zu gucken, allerdings werden Beamer, Boxen und Laptop mit Fahrrädern angetrieben. Damit so ein Film laufen kann, müssen sich ständig 8 Leute abstrampeln, und zwar wirklich abstrampeln – dabei muss man in einem relativ hohen Gang ziemlich schnell treten. Wir waren 40 Leute beim Kino, und wir haben es mit Ach und Krach geschafft, einen 90-Minuten-Film zu sehen. Und mir ging die ganze Zeit nicht der Gedanke aus dem Kopf: Wenn ich für jeden Film, den ich sehen will, jede Website, die ich aufrufen will, selbst in die Pedale treten müsste – was würde ich mir noch ansehen? Ich vermute ja, mein Leben wäre ziemlich analog.
Fazit: Gerne wieder. Ich habe es unfassbar genossen, tagelang mit Upcycling zu spielen – und mir schwirrt der Kopf jetzt vor neuen Ideen. Und auch das ganze Konzept des Wirkcamps ist eine wirklich tolle Sache, mit lauter begeisterten Leuten und einer unfassbar guten Laune.