Mein erster Schultag
Jeden Donnerstag wieder ein Gegenstand und die Erinnerungen, die ich damit verbinde. Heute: Ein Bild von meiner Einschulung.
Ich bin verdammt gerne zur Schule gegangen, darüber hatte ich auch schon mal hier geschrieben. Ich hatte immer schon gerne Fragen gestellt und meine Mutter damit gerne mal an den Rand ihres Verstandes getrieben. Beispiel:
Ich: Maman, was ist die Relativitätstheorie?
Maman: Das weiß ich nicht.
Ich: Ich dachte, Erwachsene wissen alles!
Eine geduldige Frau, meine Mutter.
Auf jeden Fall wurde ich dann irgendwann eingeschult. Im Kindergarten waren sie froh, mich loszuwerden. Zu viele Fragen. Nerviges Kind. (Was kann denn ich dafür, wenn die uns so pädagogisch wertvolle Aufgaben geben wie die Passion Christi in Öl zu malen? Flitzepiepen. Und die anderen Kinder waren auch doof. Die wollten immer nur spielen und nie diskutieren. Wen interessieren schon Klötze und Puppen, wenn man über alles mögliche reden kann?)
Und so habe ich mich wahnsinnig darauf gefreut, endlich in die Schule zu kommen. Endlich würde ich erwachsen sein. Immerhin war ich schon sechs, und da würde es dann auch mal Zeit, auf eigenen Füßen zu stehen und nicht nur den ganzen Tag zu spielen. In Vorbereitung auf den großen Tag habe ich dann meinen Eltern mitgeteilt, dass ich bitte nur nützliche Dinge in meine Schultüte wolle, Hefte und Stifte und all sowas (glücklicherweise haben sie sich nicht dran gehalten).
Meine Mutter hat dann auch noch eine strategisch verdammt kluge Sache gemacht: Sie hat in den Wochen vor der Einschulung und auch während des kompletten ersten Schuljahrs immer und immer wieder gesagt, dass sie so gerne an meiner Stelle wäre. So gerne würde sie wieder in die Schule gehen. Ich hätte so ein Glück. Schule sei so unglaublich toll. Und so war ich dann auch unglaublich froh, in die Schule gehen zu dürfen.
Zu Beginn war dann auch alles furchtbar spannend. Die neue Klasse, die Lehrerin, die Bussibär-Schultüte, der Schulranzen, der Schulweg. Die Fotos vom ersten Schultag, wo ich wie ein Model posiere. (Ich liebe die Pose!) Schreiben lernen. Rechnen lernen. Die erste große Pause: Ich saß mit baumelnden Beinen auf einer Mauer, aß mein Brot und trank ein Trinkpäckchen. Alle anderen Kinder liefen rum, und die machten das ja alle falsch – schließlich darf man beim Essen nicht rumlaufen.
Und auch wenn dann im Endeffekt nicht alles ganz so toll war, weil die anderen Kinder mich nicht wirklich mochten (die wollten auch lieber spielen als zu lernen und zu diskutieren), der Sportlehrer auch nicht (so richtig, wie man sich einen Sowjet-Sportlehrer vorstellt, im schlimmsten Sinne) und der Unterricht eigentlich viel zu langsam ging (wie lange kann man denn für einen einzelnen Buchstaben brauchen?) – die Freude am Lernen habe ich behalten. Und meine Eigenheiten auch.
In einigen Monaten dann habe ich wieder einen ersten Schultag, diesmal dann als Referendarin. Vielleicht bekomme ich ja wieder eine Schultüte.
wie süß! 🙂