Wreck This Journal

Vor einigen Tagen habe ich hier das Projekt entdeckt,bei dem die 90 Aufgaben aus Keri Smith’s Buch „Wreck This Journal“ gemeinsam bearbeitet werden.Das Ganze muss nicht schön sein (wie es bei dem Buch eben so ist), man darf all den Hass, den man auf irgendwas in sich trägt, in dieses Buch lenken und herrlich destruktiv sein. Soweit ich aber bisher sehen konnte, sind die meisten dieser Seiten ziemlich schön gestaltet, als würden sich die Gestalterinnen nicht ganz trauen, so richtig die Sau raus zu lassen, immerhin bekommen noch viele andere dieses Buch. Beim Anblick dieses Projekts fiel mir ein, dass ich das Buch daheim habe und 2010 damit ziemlich zu Werke gegangen bin, und mir fiel ein, dass ich ja endlich mal darüber bloggen könnte.

Als ich mir das Buch geholt habe, habe ich es total genossen, mal nichts schönes zu machen, sondern das Gegenteil. Ich habe mit diesem Buch dem kleinen Kind in mir, das gerne auf Sandburgen tritt und Sachen kaputtmacht, richtig freien Lauf gelassen. Ich hab mit Glasmalfarbe gekleckert, mit Kreide rumgeschmiert, meine Hände in Farbe getaucht, ich habe wüste Schimpfwörter reingeschrieben und es sogar aus dem dritten Stock geworfen. Ich habe auf dem Buch rumgekaut und es angezündet und den Buchrücken gebrochen und die hintere Umschlagseite rausgerissen. Sehr wenig an meinem Buch ist wirklich schön, und auch wenn ich mich bei vielen Seiten dann doch noch nicht getraut habe, sie zu bearbeiten, war da schon jetzt eine ziemliche Zerstörung am Werke, und man sieht es dem Buch an.

Einige Monate, nachdem ich mich an diesem Buch ausgetobt hatte, im Juli 2010, war ich dann auf dem „MindCamp“. Das ist ein Ferienlager für Erwachsene, bei dem es alle möglichen Workshops und Aktivitäten gibt, und jeder der will, kann auch etwas anbieten. Ich habe dann einen Zerstörungsworkshop angeboten. Jeder der Teilnehmer bekam ein Heft, und dann gab es ein ganzes Arsenal an Farben, Messern, Klebstoff, um das Heft so richtig zu verschrotten. Da wir in der freien Natur waren, standen uns dann auch noch Matsch, Pfützen und Feuer zur Verfügung. 20 Leute, die vollkommen abgehen, es war herrlich. Irgendwann ist noch jemand mit einer Axt auf einen (ohnehin kaputten) Schlafsack losgegangen. Ganz großes Kino. Die paar Wanderer, die an uns vorbeikamen, haben tellergroße Augen gemacht.

Was das Buch nämlich mit einem machen kann, ist folgendes: Es kann einem die Angst nehmen, Fehler zu machen. Wenn ich ein DIY-Projekt beginne, habe ich immer dieses perfekte Bild im Kopf, wie es am Ende aussehen soll. Aber dann wirft der Klebstoff blasen, ich vernähe mich oder rutsche mit dem Linolbesteck ein wenig ab – und schon hat die Realität mein Ideal eingeholt. Es kommt durchaus vor, dass ich dann alles frustriert in die Ecke werfe und irgendwie beleidigt bin. Auf jeden Fall bin ich enttäuscht und finde oft das ganze Ergebnis fürchterlich, wegen eines Fehlers.

Übermäßiger Perfektionismus macht DIY kaputt. So einfach ist das.

Wenn man dann aber mal so richtig der Zerstörungswut freien Lauf lässt, passieren zwei Dinge: Einerseits merkt man, dass die Welt nicht untergeht, wenn mal irgendwo Farbe verschüttet wird oder irgendwas nicht toll aussieht. Andererseits passieren manchmal auch „positive Unfälle“ – es entstehen richtig schöne Bilder, die überhaupt nicht beabsichtigt waren, beispielsweise dieses hier, bei dem ich mit Glasfarbe rumgekleckst habe und ein wunderbares, symmetrisches Bild in Lieblingsfarben von mir entstand:

Bei dem Bild fällt mir ein, dass eine Rohrschach-Totebag ne schöne Idee wäre. (Und da merkt man: Gute Ideen können auch aus wildem Rumgesaue entstehen.)

Ich glaube, ich sollte mal wieder mit dem Buch Wildsau spielen, das tut mir gut.