Improtheater
Eine meiner größten Leidenschaften ist das Improtheater, das wahrscheinlich einige von euch kennen, aber möglicherweise auch einige von euch mit „Schillerstraße“ oder „Gott sei dank… dass Sie da sind“ (eine ursprünglich australische Erfindung) verbinden. Zu allererst: Diese beiden Sendungen zeigen kein Improtheater, sondern sind Beispiele, wie man es nicht machen sollte.
Die Idee, auf der Theaterbühne zu improvisieren, ist schon ziemlich alt – schon in der Commedia dell’Arte improvisierten die Schauspieler Teile des Stücks. Dennoch ist das Improtheater, so wie ich es gelernt habe, noch einmal etwas anderes:
Stellt euch vor, ihr würdet auf einer Theaterbühne stehen – und wüsstet überhaupt nicht, was als nächstes kommt. Ihr kennt die Geschichte nicht, die ihr gleich spielen werdet, wisst nicht, was für eine Figur ihr darstellen werde, ob ihr Protagonist, Nebendarsteller oder nur Statist sein werdet, welches Genre ihr darstellt – alles ist euch ebenso unbekannt wie dem Publikum. Und das ist auch der Reiz dabei: Während ich mit meinen Mitspielern eine Geschichte darstelle, erlebe ich sie selbst zum ersten Mal. Wenn so eine Geschichte sich entfaltet und man spürt, dass sie gut wird, dass sie irgendwie rund wird, dann ist das magisch.
Als ich zum ersten Mal Impro gesehen habe, habe ich es nicht verstanden. Beim zweiten Mal war ich begeistert und dachte, das könnte ich nie. Und eines Abends, im April 2005, als ich keinesfalls nach Hause wollte (das war damals mein erster schlimmer Liebeskummer), habe ich beschlossen, zu einem Anfängerkurs zu gehen. Irgendwie scheint es mich damals gepackt zu haben – denn seit nunmehr 5 Jahren bin ich infiziert, seit 2007 halte ich Improkurse und bin seit Anfang letzten Jahres Mitglied der Gruppe „Danke für die Tür“.
Abgesehen davon, dass Impro einen Heidenspaß macht und ich viele tolle Freunde gewonnen habe, hat mich diese Leidenschaft auch verändert, denn man lernt unglaublich viel dabei. Erstens verliert man die Angst vor der Bühne – wer einmal unvorbereitet auf der Bühne stand und dafür am Ende mit lautem Applaus belohnt wurde, vergisst das nie mehr. Zweitens lernt man, sehr schnell zu denken und zu reagieren, und schließlich man muss sich in seine Bühnenpartner hineinversetzen – ohne das fällt die Szene in sich zusammen. Nur, indem man aufeinander achtet und alle (wirklich alle!) Vorschläge des Bühnenpartners annimmt und umsetzt, blockiert man sich nicht gegenseitig. – All dies kann man wunderbar auf andere Lebensbereiche übertragen, ob nun das Berufs- oder das Liebesleben.
Wie ihr seht: Impro ist eine tolle Sache, und wenn ihr euch noch ein bisschen genauer einlesen wollt, könnt ihr hier, hier, hier und hier schauen oder nach Keith Johnstone googlen, dem Godfather of Theatersport. (Theatersport ist grob gesagt die Wettkampfvariante von Improtheater.)
Na, habe ich jemanden angesteckt?