Ein Riesenteddy
Jeden Donnerstag wieder ein Gegenstand und die Erinnerungen, die ich damit verbinde. Heute: Ein Riesenteddy.
Als ich klein war, hießen alle Teddys Otto, zumindest in meiner Welt. Es gab Ottopapa, Ottomama, Ottobaby, Ottoschwester… Eine ganze Familie von Ottos. (Das ist so eine kindliche Logik – denn schließlich war es damals ja auch logisch, dass die Frau vom Papagei eine Mamagei ist, und dass ihr Kind das Babygei ist. Ist klar, ne?)
Besonders wichtig waren dabei Ottopapa und Ottobaby, da ich beide schon seit dem ersten Lebensjahr hatte. Ottopapa war einfach riesig – gerade als kleines Mädchen von 2 oder3 Jahren war er immer noch fast so groß wie ich, und vor so einem großen Bär hatte ich irgendwie Angst. Ottobaby dagegen war ein kleiner, grauer Bär, ungefähr von der Größe einer erwachsenen Hand. Rote Nase, schwarze Knopfaugen, karierte Schleife. Unfassbar frech, das Viech. Mein Vater hat ihm eine Stimme verliehen, und wenn Papa mir nicht gerade Zirkusgeschichten erzählte, gab Ottobaby eine Erklärung dafür, warum mein Zimmer immer so unordentlich war. Der kleine Bär war vollkommen anarchistisch: Er feierte wilde Partys im Barbiehaus, verwüstete mein Zimmer und war süchtig nach Honig und Fischdosen. Und er gab extrem viele Schimpfwörter von sich, was natürlich besonders toll war. Ich hab den kleinen Bären geliebt, und ich glaube, mein Vater liebte ihn noch ein bisschen mehr. Deswegen war es umso tragischer, als ich dann mit 12 verloren habe – er ist nie wieder aufgetaucht, und ich habe so richtig um ihn getrauert.
Ottopapa dagegen ist noch immer in meinem Leben. Er dient als zweites Kissen, wenn ich lese, und er hat sogar mal in einem Theaterstück mitgespielt, als ich im letzten Jahr mit Freunden den „Zusammenstoß“ von Kurt Schwitters erarbeitet habe, wo ein sprechender Bär und ein Eifersuchts“drama“ rund um diesen Bären eine Rolle spielt. Mein Kindheits-Teddy kennt also mittlerweile auch die Bretter, die die Welt bedeuten.