Eine Dose Muscheln

Weil die Geschichten über meine Oma sich anscheinend durchaus einer gewissen Beliebtheit erfreuen, heute wieder mal ein Erinnerungsstück, das mit ihr zusammenhängt: Eine Cremedose voller Muscheln, viele davon mit ihr gesammelt.

Als ich 8 war, flog ich zum ersten Mal mit meiner Oma nach Mallorca. Bevor mein Opa kränklich geworden und schließlich gestorben war, hatte sie mit ihm gemeinsam ein paar Mal mit ihm dort überwintert. (Es gibt großartige Fotos, wie die beiden fast die Treppe vom Flugzeug runterfallen, weil ihnen die Drinks dort einfach zu gut geschmeckt haben. Meine Großeltern wussten wirklich, wie man feiert.) Meine Oma fand diese Zeit unglaublich „mondän“ (ihr Wort) und schwärmte sehr von diesen Wintern. Und da sie sich zum Ziel gesetzt hatte, mir die Welt zu zeigen, war ein Mallorca-Urlaub obligatorisch. Oder auch 6 Mallorca-Urlaube.

Im ersten Urlaub hatte ich noch Angst, von der Insel zu fallen. Denn ich hatte einige Zeit zuvor eine Folge „Alfred Jodokus Quak“ gesehen, in der Alfred auf eine Insel kommt, die eigentlich eine Schildkröte ist – und Schildkröten enden ja irgendwo. Und da, wo sie enden, da fällt man runter. Ist doch klar. Meine Oma hat wirklich versucht, mich von dieser fixen Idee abzubringen. Aber einen starken Willen hatte ich schon immer. Ich hatte das im Fernsehen gesehen, und das Fernsehen wusste es besser als Oma. Klar, oder?

Jedenfalls verbrachten wir die meisten Tage mit ausgiebigen Mahlzeiten, einem Bummel entlang der Playa de Palma und einem Spaziergang durch die Dünung. Die Füße in den Wellen – und dabei das Mindesthaltbarkeitsspiel spielen. Schon in 90ern liefen nämlich in Mallorca viele Frauen oben ohne rum, die das aus Gnade gegenüber ihrer Umwelt lieber hätten lassen sollen. Oma und ich haben uns dann immer Daten zugerufen, also, bis wann die Brüste noch schön gewesen wären. (Man erinnere sich: ich war 8.) Da es nur Daten waren, haben die armen Damen das nicht verstanden, aber Oma und ich hatten einen Heidenspaß. Mein gutes Benehmen habe ich ganz sicher von ihr gelernt, auch wenn sie lieber hätte, dass ich „das Mondäne“ von ihr übernommen hätte.

Und wie kommen die Muscheln ins Spiel? Ganz einfach: Die habe ich auf diesen Ausflügen gesammelt. Und dann in aufwändigen Aktionen im Bidet gewaschen. Lange Zeit dachte ich noch, ein Bidet wäre ein Fuß- und Muschelbecken.

Wenn ich so ins Schreiben komme, fallen mir noch viel, viel mehr tolle Geschichten von der Oma ein. Aber wir haben ja noch viele Donnerstage vor uns. (Falls ihr das lesen wollt.)