Heimat

Seit über 9 Jahren lebe ich jetzt in Norddeutschland, und damit ungefähr 600km entfernt von meiner Heimatstadt, Rastatt. Und auch wenn ich hier mittlerweile mein Zuhause habe, mit meinem wundervollen Nils, einem tollen Freundeskreis und in einer Stadt, die ich wirklich liebe, ja, auch wenn ich im Jahr höchstens ein paar Tage in Rastatt verbringe (dafür aber mehrmals wöchentlich nach Hause telefoniere) – meine Heimat bleibt meine Heimat. Auch, wenn ich eigentlich nie Heimweh habe, denn die Dinge, nach denen ich ernsthaft Heimweh haben könnte, gibt es nicht mehr: Die Wohnung meiner Oma, und sie selbst ist auch tot, meine alte Schule ist nicht mehr meine Schule und bei meinen beiden Eltern habe ich auch kein Zimmer mehr. Warum auch, wenn ich fast nie da bin? Trotzdem. Heimat.

Da sind immer noch meine Eltern und ein bisschen sonstige Familie. Ein paar Schulfreunde und auch ein ehemaliger Lehrer, mit dem ich mich gerne zum Kaffee verabrede, wenn ich da bin. Der Geruch in der Wohnung meiner Mutter und die Autofahrten mit meinem Vater. Fleischkäsewecken und Brezeln und Hildabrödle, und die tollen Rouladen, die mein Stiefvater kocht. Das Grab meiner Oma und die bekannten Straßen und das Haus der Eltern meiner besten Freundin. Heimat.

Deswegen jetzt ein paar totally random impressions meiner Heimatstadt (bei meinem Besuch im Juli aufgenommen), beispielsweise dieses postkartenkitschige Motiv, dass die „Skyline“ zeigt.

Das einzige Bild, das ich gemacht habe, als ich durch meine alte Schule gestreift bin. Viel Zeit und ein plötzlich abgeschlossenes Lehramtsstudium führen schon mal dazu, dass ich zu meiner alten Schule zurückgehe. Umso schöner, dass der beste Hausmeister der Welt noch da ist, jetzt sogar mit eigenem Zimmer. 007 passt gut zu einem, der unfassbar cool ist, viele Späße mitmacht und die besten Wurschdwecken der Welt schmiert.

Das Grab meiner Großeltern, das ich jedes Mal besuche, wenn ich da bin. Beim letzten Mal wollte ich mir mehr Zeit nehmen, und einfach mal eine halbe Stunde dort verbringen. Habe ich auch gemacht, aber dabei festgestellt, dass ein Grab für mich nicht der beste Ort ist, um geliebter Menschen zu gedenken. Es ist viel schöner, Oma immer mit mir im Herzen rumzutragen, und mich manchmal beim Anblick von Ansichtskarten dabei zu ertappen, dass ich ihr mal wieder schreiben könnte. Oder ihr zu Ehren ein Fischbrötchen, Kohlrabi oder Erfrischungsstäbchen zu essen.

Von der Tatsache, dass sowohl mitten in Rastatt als auch wenige Kilometer außerhalb Schlösser stehen, bin ich jedes Mal wieder begeistert.

Wenn ich nach Rastatt fahre, schlafe ich meistens bei den Eltern meiner besten Freundin. Irgendwie hat sich das so eingebürgert, zumal sie bis vor wenigen Jahren dann auch immer her kam und wir nächtelang gequatscht haben, die Speisekammer geplündert und spazieren gegangen sind. Arbeit und Sachzwänge und überhaupt machen das seltener, aber trotzdem schlafe ich immer noch gerne bei ihren Eltern. Doppelter Elternbesuch, doppelt bemuttert werden. Toll.

Dabei habe ich immer den Garten besonders bewundert. Es ist der schönste Garten, den ich kenne – und der Vater meiner besten Freundin ist ein ehrgeiziger Chili-Kakteen-Zitrusfrüchte-Züchter. Ich meine, ein Garten, in dem man Kiwis, Trauben, Chilis, Kräuter, alle möglichen Zitrusfrüchte und sowieso die Standardgemüsesorten ernten kann, das ist für mich ein Paradies. Besonders, wenn trotzdem noch Platz für ein kleines bisschen Chaos und für Blumen bleibt. Und fürs Grillen und Essen und für all die Katzen, die den beiden so zulaufen. (Katzen und Kinder. Ein bisschen bin ich ihnen ja auch zugelaufen.)

Das hier ist ein winziger Bruchteil der Kakteen:

Ein paar wenige mehr:

Und nein, das hier ist nicht das Haus. Das hier ist nur der Gartenschuppen. Toll, ne?

Ja, Heimat. Ohne Heimweh, aber dafür mit ganz viel wunderbarer Geborgenheit, allein schon durch das Wissen, dass man hin kann, wenn was ist. Und durch das Wissen, dass es voll ok ist, dass man weit weg sein eigenes Ding macht.