Über das Glück, Schönheit einzufangen
Heute schreibt Anna – die einzige meiner Urlaubsvertretungen, die sonst nicht bloggt – über Fotografie. (Umso schöner, dass sie mitmacht.) Ich bin mit Anna zur Schule gegangen, aber wirklich Kontakt haben wir erst durch meinen Blog bekommen. Und als wir uns dann über Fotografie unterhalten haben und sie von ihrer Begeisterung für dieses Medium erzählte, schien mir das absolut perfekt für einen Urlaubsvertretungstext.
Die Fotografie fasziniert mich, so lange ich zurückdenken kann.
Die schönsten Abende meiner Kindheit waren die, an denen nach dem Abendessen alle Rollläden in der Küche heruntergelassen wurden. Mein Vater holte den Zauberkasten aus dem Keller, der die Dias an die Leinwand warf – er entführte mich in fremde Welten und vertraute Erinnerungen.
Das vertraute Geräusch beim Wechseln der Dias, die immerzu hängen blieben, die stickige Luft, die der Projektor verbreitet. Mein ewiger Versuch, meinem Vater die Fernbedienung des Projektors abzunehmen, wenn er sich für meinen Geschmack zu sehr in seine Fotos vertiefte. Die Debatten um das beste Bild – scharf oder unscharf, vielleicht doch noch ein Stück schneiden am linken Rand?
Reisefieber kam auf, wenn meine Eltern mir zum Beispiel die Fotos ihrer Hochzeitsreise nach Indonesien zeigten. Fremde Welt in unserer Küche.
Der Moment des Auftauchens ins Hier und Jetzt, wenn die Abendsonne mir beim Öffnen der Rollläden blendend hell ins Gesicht schien.
Mit 10 Jahren gewann ich eine kleine Kamera. Ab sofort begann ich selbst, die Welt durch die Linse festzuhalten. Die Abzüge dieser frühen Werke liegen heute verstaubt in irgendwelchen Kisten in Schränken meines Elternhauses. Etwas später war ich stets diejenige, die daran dachte, eine Kamera mitzunehmen, wenn ich mit Freunden etwas unternahm. Und so langsam wuchs ein Traum in mir heran: selbst eine „richtige“ Kamera haben. Eine Spiegelreflex. Verschiedene Objektive. Selber zaubern können.
Es sollte noch eine Weile dauern, bis mein Traum wahr wurde. Die Umstellung von der analogen zur digitalen Fotografie kam, die Jahre gingen ins Land, ich stand sehnsüchtig vor den Schaufenstern von Fotogeschäften.
Im vergangenen Sommer war es soweit. Seit ich eine eigene Kamera habe, bin ich am Ausprobieren. Es gibt so viel zu lernen! Das Glück, das ich empfinde, wenn ich mit meiner Kamera in den Händen durch die Natur streife und es mir gelingt, z.B. die vergängliche Schönheit einer Blume einzufangen, ist für mich mit Wenigem zu vergleichen. Ein einfaches Versinken im Moment, in der Betrachtung eines Objekts, ein Verharren und Staunen. Mein Sehen ist ein anderes geworden.
Die Kamera regt mich auch zu einem neuen Umgang mit den Dingen an. Es ist mir wichtig, sie manchmal bewusst zur Seite zu legen oder zu Hause zu lassen um „mit dem Herzen“ zu fotografieren. Denn wenn ich „den Blick“ aufgesetzt habe, mit dem ich auf der Suche nach Motiven durch die Welt spaziere, nehme ich rechts und links von meinem Sucherfeld nicht mehr viel wahr. Das kann für andere eine große Geduldsprobe sein. Und eines ist klar: Bilder können Geschichten erzählen, Gefühle und Erinnerungen transportieren – aber mit allen Sinnen und ganzer Aufmerksamkeit dabei zu sein, ist unschlagbar. Es gilt stets die Balance zu finden zwischen festhalten und mitgehen.
Neu ist mir die Trauer um verpasste Motive und Momente, wenn die Kamera nicht greifbar ist oder die Zeit zum fotografieren nicht da ist.
Auch das Gewicht und, vor allem auf Reisen, das drauf-aufpassen-müssen können manchmal gute Gründe sein, mich für das Fotografieren mit dem Herzen zu entscheiden. Oder für meine kleine Kompaktkamera. Die macht auch schöne Fotos.
hach, echt schöne Fotos. ich bin auch ein große Fotografie-Fan und seit meiner Jugend knipse ich viel. man geht wirklich mit ganz anderen Augen durch’s Leben..
das mit dem Gewicht auf Reisen kenne ich auch.. oft habe ich dann nur die Kompaktkamera dabei.