Das schönste Haus von Welt
Jeden Donnerstag wieder ein Gegenstand und die Erinnerungen, die ich damit verbinde. Heute: Ein Foto des Hauses, in dem ich von 7 bis 12 gelebt habe.
Ich glaube, jeder Mensch hat, wenn er nur tief genug in sich sucht, ein Bild vor Augen, das ihn treibt. Sicher auch mehrere Bilder – welche, vor denen man wegläuft, weil sie so dunkel sind. Aber eben auch welche, nach denen man immer suchen wird, auf die man hinarbeitet. Bei mir zeigt eines dieser schönen Bilder die Rosenstraße 55. In diesem Haus und seinem Garten hatte ich den schönsten Sommer meines Lebens, der Sommer 1993, als ich 8 wurde.
Manche Erinnerungen bekommen irgendwann so einen Glanz, so einen Goldschimmer. Im Grunde sehen diese Erinnerungen dann aus wie Fotos mit „Vintagefilter“. Die allerschönsten Erinnerungen sind so, und dieser Sommer gehört dazu.
Und da es ein ganzer Sommer ist, hier ein paar Blitzlichter daraus.
Wie meine Eltern Blumenbeete anlegten, einen Gemüsegarten… Die Apfelbäume und der Kirschbaum. Unser eigenes Gemüse, unser eigenes Obst, aus unserem Garten. Und viel davon.
Und dann die Einweihungsfeier und um die gleiche Zeit mein achter Geburtstag. Meine Eltern stellten sogar ein kleines Bierzelt im Garten auf, und wir grillten und Freunde meiner Eltern machten Musik, einer machte sogar eine Zauber- und Kabarettshow. Abends dann Lagerfeuer, glaube ich mich zu erinnern.
Mein Kindergeburtstag mit den neuen Freunden und ein paar alten. Wie gemeinsam mit den Freunden der Kirschbaum geplündert wurde und meine Mutter mit uns wunderbare Spiele machte. Eine Freundin aß so viel von den Kirschen, dass sie sich übergeben musste. Und Marmorkuchen gab es mit Sicherheit auch, den gab es immer. Und ein Freund meiner Eltern, der für uns Kinder Geschichten von Ringelnatz erzählte und mir Kästnerbücher schenkte.
Und schließlich die Sommerferien. Meine Mutter stellte unter den beiden Ahornbäumen ein Zelt für mich auf, wo ich mich aber immer nur tagsüber aufhielt. Nachts wollte ich dann doch lieber in mein richtiges Bett. Aber so ein Zelt zu haben, das fühlte sich nach Abenteuer an.
Dann kam für einige Wochen meine vier Jahre ältere Cousine zu Besuch. Und dann wurde die Zeit noch viel schöner, mit Fahrradfahren lernen, Schwimmbad und gemeinsamem Spielen. Und immer wieder auch Streit, klar. Den meine Mutter eines Tages folgendermaßen schlichtete: Sie schiss uns ordentlich zusammen und schickte uns dann hoch ins Zimmer, unsere Badeanzüge anziehen und sofort runterkommen. Als wir dann kleinlaut wieder im Garten waren, wartete sie mit dem Gartenschlauch auf uns und drehte das Wasser auf. Was haben wir gelacht! Und Wasserbombenschlachten haben wir auch veranstaltet.
Und schließlich das Bild, wie meine Mutter im Gartenschuppen ist und Möbel restauriert. Ich fand das damals relativ uninteressant, wenn auch irgendwie krass, dass sie das kann. Aber heute würde ich das auch gerne können und werde es demnächst vielleicht auch versuchen.
Ein Sommer voller Abenteuer und Sterne, voller Blumen und Spiel. Und der letzte Sommer, bevor meine Eltern sich trennten. Aber das ist eine andere Geschichte, und die gehört hier nicht hin.
Was für wundervolle Erinnerungen das sein müssen!