Pferd mit Geldeinwurf

Jeden Donnerstag wieder ein Gegenstand und die Erinnerungen, die ich damit verbinde. Heute: Ein Pferd mit Geldeinwurf. Nämlich dieses hier:

Dieses Pferd steht in meiner Heimatstadt und früher hat es 30 Pfennig gekostet, darauf zu reiten. Wann immer ich mit meiner Oma oder meinen Eltern in der Stadt war und wir daran vorbeiliefen, wollte ich unbedingt reiten. Ich weiß noch, dass es vor einem Kleidungsgeschäft stand und ich es – sobald ich lesen konnte – immer sehr lustig fand, dass da Kleidung aus Popeline verkauft wurde. „Iiiih, die machen Sachen aus Popeln!“ Und dazu Gekicher und ein demonstrativer Finger in der Nase. (Wenn die was daraus verkaufen durften, durfte ich auch Nase bohren.)

Überhaupt muss ich beim Anblick dieses Pferdes daran denken, wie das war, mit meiner Oma in die Stadt zu gehen. Ich komme aus einer 40.000-Einwohnerstadt, da ist also nicht so viel los. (Mittlerweile gibt es weder Kino noch Theater noch Kaufhaus noch…) Aber mit Oma wars spannend. Da musste man immer nahe am „Deich“ (oder wie das heißt, wenn direkt daneben eine Böschung zu unserem Flüsschen runtergeht) laufen, damit Oma nicht runterfällt. Da war eine Mauer, auf der man laufen konnte – und am Verkehrsschild daneben runterrutschen. Immer hatte ich drei Wünsche frei, was Oma kaufen sollte, ob nun eine bestimmte Wurstsorte („Blümchenwurst“, also Geflügelwurst mit Geflügelstückchen drin) oder Schokolade oder ein Eis oder Aufkleber. Dann musste mit Nachbarinnen gesprochen werden – und hinterher mit Oma darüber gelästert, was „der Ascheneimer“ (eine bestimmte Dame) oder „die Tunten“ (alle Damen, mit denen Oma sprach) so anhatten oder gesagt haben. Oder dass sie komisch rochen. Und dann musste man mit dem Ehepaar reden, dem der Schreibwarenladen gehörte.

Ich hab die Abenteuer mit Oma geliebt.

All diese Erinnerungen kommen, wenn ich dieses Pferd sehe. (Und weil ich gestern das Telefon in der Hand hatte und dachte, dass ich ja mal Oma anrufen könnte. Eine halbe Sekunde danach fiel mir ein, dass sie seit drei Jahren tot ist. Passiert mir manchmal.)