Wie Pepino auf den Hund kam (1)

Vor einigen Wochen hatte ich von den Gute-Nacht-Geschichten geschrieben, die mein Vater mir früher erzählt hat und versprochen, hier mal eine zu zeigen. Hier folgt der erste von drei Teilen einer dieser Geschichten. Die nächsten Teile folgen in den nächsten Tagen.

Es ist sehr früh am Morgen und unsere Seilmimi liegt noch im Bett und träumt von ihrem Märchenprinzen. Die Kirchenglocken läuten und alle Hochzeitsgäste sind in der Kirche versammelt. Unsere Seilmimi wartet ungeduldig vor der Kirche auf ihren Märchenprinzen, den sie alsbald heiraten wird. Es ist ein wunderschöner Tag und die Sonne scheint. Keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Und da naht auch schon von fern ihr Märchenprinz. Ein Prinz, wie er nur im Märchenbuch vorkommt: Groß, schlank und prächtig gekleidet. Aber ganz so groß und schlank, wie er noch aus der Ferne den Eindruck machte, ist der Märchenprinz nun doch nicht. Je näher er kommt, desto kleiner und dicker wirkt er auf einmal. Und was hat er denn da für eine komische Uniform an? Unsere Seilmimi wird etwas stutzig. Sollte dieser kleine, dicke Märchenprinz in wenigen Augenblicken mit ihr vor den Traualtar treten und ihr das ‚Ja-Wort‘ geben? Und nun steht ihr Märchenprinz vor ihr. In seiner Uniform sieht er aus wie ein Briefträger. Das kann doch nicht wahr sein!

Und nun ruft er auch noch: ‚Die Post ist da, hurra, hurra!‘

Aber glücklicherweise klopft es in diesem Augenblick an der Türe ihres Zirkuswagens und Seilmimi erwacht aus ihrem Traum.

„Was für einen blöden Traum und was für einen bescheuerten Märchenprinzen habe ich mir da zusammengeträumt? Einen Märchenprinz als Briefträger verkleidet. Wo gibt es denn sowas?“

„Hallo Seilmimi, ich bin es, Pepino! Schläfst du noch?“

„Nein, Pepino, jetzt bin ich wach. Was gibt es denn?“

Pepino öffnet die Tür.

„Da draußen hat sich ein Tier verirrt! Es ist klein, hat vier Beine und einen Schwanz,“ sagt Pepino ganz aufgeregt.

„Du wirst doch wohl nicht vor einem kleinen Tier mit vier Beinen und einem Schwanz an einem Ende Angst haben, mein lieber Pepino? Lass mal sehen.“

Seilmimi blickt aus dem Fenster. Und tatsächlich, da draußen steht ein kleiner, brauner Hund. Wirklich ein süßer kleiner Fratz. Mit seinen treublickenden Augen schaut er Seilmimi an. Und plötzlich rennt er weg.

„Der Hund ist weg! Wo ist er hin? Wir müssen ihn sofort suchen!“ ruft Pepino.

„Warum in der Welt muss ich früh morgens einen kleinen, herrenlosen Hund suchen?“ fragt sich Seilmimi, „ich könnte noch im Bett liegen und von meinem Märchenprinzen träumen.“

Zunächst einmal wird der gesamte Zirkus durchsucht. Im Zelt ist er nicht, auch unter den Wohnwagen nicht, niemand, ob Mensch oder Tier hat einen Hund gesehen. Unsere Miezekatze braucht man gar nicht erst zu fragen, denn sie schläft noch und hat von all dem hektischen Treiben nichts mitbekommen. Aber der kleine Hund ist unauffindbar.

Fortsetzung folgt.